Wenn die Autocomplete-Funktion von Amazon für Ärger sorgt

Schilderwald aus vielen bunten Holzschildern, die alle in unterschiedliche Richtungen zeigen
Amazons Autocomplete-Funktion darf Kunden nicht in die Irre führen | (c) Sonja Guina, unsplash.com

Versandriese darf Kunden nicht in die Irre führen

Tippt man bei Amazon einen Begriff in die Suchmaske ein, erscheinen daraufhin nach einem bestimmten Algorithmus ermittelte Wortkombinationen als Suchvorschläge. Diese Funktion ist landläufig unter dem Stichwort „Autocomplete“ bekannt und dürfte nahezu allen Internetusern geläufig sein. Dass durch diese Vorschläge Persönlichkeitsrechte verletzt werden können, stellte der Bundesgerichtshof (BGH) bereits im Jahr 2013 klar (BGH, Urteil vom 14.05.2013 – VI ZR 269/12).

Rechtswidrig, wenn nur Konkurrenzangebote angezeigt werden

Diese Grundsätze wendete nun das Landgericht Köln auf den geschäftlichen Verkehr an. Nach einem noch nicht rechtskräftigen Urteil (Landgericht Köln, Urteil vom 08.07.2015, Az.: 84 O 13/15) verstößt die Autocomplete-Funktion gegen Markenrecht, wenn die dadurch aufgefundenen Artikel nichts mit dem automatisch vervollständigten Suchbegriff zu tun haben.

Geklagt hatte ein Hersteller von Gesundheitsprodukten, die Firma „goFit“. Diese bietet in Deutschland unter anderem spezielle Matten an, die zur Fußreflexzonenmassage eingesetzt werden können. Dabei wurde der Vertrieb bewusst nicht über Amazon abgewickelt. Dennoch erschienen nach Eingabe von „gof“, „gofi“ oder „gofit“ in die Suchmaske auf der Homepage von Amazon Begriffe wie „gofit gesundheitsmatte“ oder „gofit fußreflexzonenmassagematte“. Folgte der Nutzer diesen Vorschlägen, wurden ihm lediglich von Konkurrenzunternehmen der Klägerin stammende Produkte angezeigt.

Hierin sah das Landgericht eine markenrechtswidrige Verletzung der geschäftlichen Bezeichnung der Firma goFit nach § 15 Abs. 2 Markengesetz. Denn für den durchschnittlichen Nutzer ist nicht erkennbar, dass nach Eingabe des durch die Autocomplete-Funktion vorgeschlagenen Suchbegriffs nicht Produkte der Klägerin erscheinen – vielmehr scheint ihm die Suche erfolgreich gewesen zu sein. Das Gericht gab Amazon daher auf, den Autocomplete-Algorithmus zu verändern.

In guter Gesellschaft – Urteil des High Court of Justice

Damit schließt sich das Landgericht Köln unter anderem der Rechtsprechung des High Court of Justice im Urteil „Lush v Amazon“ vom 10. Februar 2014 an. In einem nahezu identisch gelagerten Fall nahm ein Hersteller von Seife, dessen Produkte nicht über Amazon vertrieben wurden, den Versandriesen wegen einer Markenrechtsverletzung durch Aufnahme in die Autocomplete-Funktion erfolgreich in Anspruch. Auch hier betonten die Richter, ein Durchschnittsnutzer würde aufgrund der Vervollständigung davon ausgehen, dass die entsprechenden Produkte auch über Amazon zu beziehen seien.

Verantwortlichkeit des Website-Betreibers

Auch hinsichtlich der festgestellten Verantwortlichkeit des Unternehmens für die automatische Vervollständigung befindet sich die Richter des Landgerichts in guter Gesellschaft: Schon im Februar 2010 entschied der BGH im „Power Ball“-Urteil (Urteil vom 04.02.2010 – I ZR 51/08), dass der Betreiber einer Suchmaske für die Bereithaltung der Suchwörter uneingeschränkt verantwortlich ist und sich nicht hinter dem der Suche zugrunde liegenden Algorithmus verstecken kann.

Tipps für Onlineshop-Betreiber

  • Was für Amazon gilt, gilt grundsätzlich auch für jeden anderen Onlineshop.
  • Wenn Ihre Suchmaske über eine Autocomplete-Funktion verfügt, stellen Sie sicher, dass nach Eingabe eines Markennamens nur Produkte dieses Herstellers angezeigt werden. Keinesfalls dürfen ausschließlich Produkte der Konkurrenz des Markeninhabers angezeigt werden.
  • Wenn Sie keine Produkte des Markeninhabers anbieten, sollten Sie am besten keine entsprechende Autocomplete-Funktion vorhalten und/oder bei einer entsprechenden Suchanfrage darauf hinweisen, dass keine passenden Produkte gefunden wurden.
  • Markenrechtliche Streitigkeiten sind wegen ihrer hohen wirtschaftlichen Bedeutung immer teuer. Allein eine Abmahnung in diesem Bereich verursacht in der Regel Kosten von nicht unter EUR 1.800,00.

Autoren: Henning Fangmann und Tecumtha Hilser

Einen Kommentar schreiben

Tags

§75f HGB Hacking Beweislast nutzungsrechte Hotellerie ReFa Auftragsdatenverarbeitung Geschäftsanschrift Gaming Disorder BDSG Wettbewerbsrecht Presse Zahlungsdaten Technologie WLAN Verpackungsgesetz Restaurant fristen HSMA Bundesmeldegesetz Algorithmus Transparenz Google Bildrecherche Spitzenstellungsbehauptung Ratenparität Xing Vertrauen Handynummer Produktempfehlungen Privacy Ferienwohnung Pressekodex Datengeheimnis 5 UWG Finanzaufsicht Marketing Google AdWords data kinderfotos 2014 Bewertung Sperrabrede Class Action FashionID Webdesign markenanmeldung anwaltsserie Expedia.com Touristik Chat Handelsregister Autocomplete Bildung Datenportabilität LG Hamburg Namensrecht Microsoft Dark Pattern Kinderrechte Booking.com Anmeldung Rabattangaben events Consent Management Data Breach Bußgeld Instagram Onlineplattform Big Data Markeneintragung Deep Fake Gepäck besondere Darstellung Phishing Werbung Hausrecht Europawahl selbstanlageverfahren Kennzeichnung Preisauszeichnung Persönlichkeitsrecht Domainrecht Direktmarketing Distribution whatsapp Erschöpfungsgrundsatz copter Meldepflicht technology SEA Kundenbewertungen Kosmetik § 15 MarkenG neu drohnengesetz Kartellrecht Datensicherheit Sperrwirkung Werbekennzeichnung Alexa USPTO Know How Presserecht E-Commerce Schadensersatz kommunen Hotelrecht OLG Köln ITB ADV Hotelvermittler Rückgaberecht Compliance Amazon Informationsfreiheit Registered EU-Kommission Sitzverlegung Datenschutzerklärung Rechtsanwaltsfachangestellte recht am eigenen bild Kapitalmarkt Stellenausschreibung Umtausch handelsrecht EC-Karten Cyber Security Social Engineering Bachblüten Urteil Interview privacy shield Vertragsrecht Behinderungswettbewerb Verfügbarkeit Schadenersatz zugangsvereitelung Vertragsgestaltung email marketing YouTube wallart Leaks Konferenz #bsen Soziale Netzwerke Dynamic Keyword Insertion Markensperre Arbeitsrecht Minijob Recht Hack Fotografie Gegendarstellung Social Media urheberrechtsschutz veröffentlichung total buy out Algorithmen 3 UWG Data Protection wetteronline.de Creative Commons Analytics Datenschutzbeauftragter CRM ePrivacy Hotel Blog LG Köln Scam Vergütung Schöpfungshöhe c/o hate speech Foto Unternehmensgründung OTMR Urheberrechtsreform Kundenbewertung Job Content-Klau arbeitnehmer § 5 MarkenG News Onlinevertrieb data security New Work TikTok Apps CNIL DSGVO Filesharing verlinken Datenschutz Bildrechte Datenschutzgesetz HipHop Textilien schule Insolvenz

Die Rechtsanwaltssozietät Spirit Legal berät in- und ausländische Unternehmen mit internationaler Ausrichtung. Unser fachlicher Beratungsschwerpunkt liegt in den Bereichen E-Commerce, Gesellschafts-, Wettbewerbs-, Marken-, IT- und Datenschutzrecht. Dank unserer Branchenerfahrung sind wir in rechtlichen Fragen der spezialisierte Ansprechpartner für Start-ups, Reiseunternehmen und die Hotellerie.

© Spirit Legal 2013 - 2023, alle Rechte vorbehalten

Förderung von Fachanwaltskursen & anwaltlichen Fortbildungen durch SAB Sachsen: